Die "Cactus Starfighter Staffel"

Der lange Weg vom ersten Treffen 1966 in Luke AFB, Arizona

zur Traditionsstaffel in der
„Vereinigung der Flieger Deutscher Streitkräfte"

(Oberstleutnant a.D. Horst Wilhelms)

 - Klick here to read the   version -


Im Verlaufe der zurückliegenden mehr als vier Jahrzehnte hörte man in Fliegerkreisen immer wieder einmal von den ";Reunions" der auf dem Waffensystem F-104 eingesetzten Flugzeugführer von Luftwaffe und Marine. Es muss nachträglich eingestanden werden, dass diesen Treffen, die bis 1990 im Zweijahresturnus jeweils anlässlich der ILA in Hannover stattfanden, bis in die späten 70er Jahre von dieser oder jener Seite die Qualität einer alkoholischen "Druckbetankungsveranstaltung" spät pubertierender „Starfighter-Piloten" beigemessen und ihnen wenig Beachtung zuteil wurde.

Heute, mehr als 40 Jahre später, sind wir stolz darauf, bei unseren Treffen in Berlin, zu denen stets zwischen 400 und 550 Teilnehmer erscheinen, aktive und ehemalige Flugzeugführer im Alter zwischen 48 und 84 Jahren willkommen heißen zu können.

Wie aber sah er denn nun aus der lange Weg von Arizona nach Berlin, von der ersten "Reunion" 1966 in Luke AFB, den Treffen in Hannover und seit 1992 in Berlin bis zur Traditionsstaffel.

Im August des Jahres 1957 nahmen 15 Flugzeugführer der Deutschen Luftwaffe ihre Ausbildung auf dem Jagdbomber REPUBLIC F-84 "Thunderstreak" auf. Auf der Liste der Lehrgangsteilnehmer fanden sich u.a. Namen  wie Rall, Hartmann, Obleser, Wegner, Krupinski, Schauder, Bernhard.

Zu diesem Zeitpunkt war nicht vorauszusehen, dass dies der Beginn eines historischen, nach Quantität, vor allem aber nach Qualität bis heute einzigartigen binationalen Programms zur Ausbildung von Militärflugzeugführern sein sollte. Insgesamt durchliefen 2700 deutsche Flugzeugführer von Luftwaffe und Marine ihre Ausbildung in Luke AFB.

Den größten Anteil daran hatte das F-104-Ausbildungsprogramm. Es begann 1964 und am 04.Juni 1965 hatte Class 64-H als erster Lehrgang die Ausbildung auf dem STARFIGHTER abgeschlossen. Zu den Absolventen gehörte auch Olt Jürgen Schumann, der Jahre später als Kapitän des nach Mogadischu entführten Lufthansa-Jets "Landshut" ermordet wurde.

In den folgenden 19 Jahren bis zum 16.März 1983 wurden im Rahmen dieses Programms insgesamt 1868 Flugzeugführer ausgebildet.

Anfang 1964 entsandte die Firma LITTON Industries, welche das Trägheitsnavigationssystem für die F-104 entwickelt hatte, auf ausdrücklichen Wunsch der deutschen Luftwaffe einen Mann nach Luke AFB, dessen Auftrag war, sich vor Ort "mal irgendwie um die Betreuung der Angehörigen der deutschen Luftwaffe in Arizona zu kümmern..."

Es war dies der ehemalige Chief Master Sergeant of the Air Force Thomas Rhone.

Tom muss vom ersten Augenblick seiner Tätigkeit an gespürt haben, dass mit den deutsch-amerikanischen F-84- und F-104-Flugzeugführer-Ausbildungsprogrammen etwas begonnen hatte, das weit über den üblichen Rahmen bilateraler Beziehungen zwischen befreundeten Luftstreitkräften hinausgehen sollte.

Mit großer Hingabe ging er daran, den deutschen Flugschülern ebenso wie den deutschen Fluglehrern und den nicht-fliegenden Angehörigen des ständigen Personals der 2.Deutschen Luftwaffenausbildungsstaffel (F-104) USA einschließlich der Familien in Luke AFB dabei zu helfen, zu einem aktiven, integrierten Bestandteil des kommunalen und gesellschaftlichen Lebens im Raum Phoenix, im „Valley of the sun" zu werden.

So übernahm die 2.Staffel die Patenschaft für einen Jugendclub, der sich sozial unterprivilegierter Jungen annahm. So konnten die Jungen Dank der tatkräftigen Unterstützung durch die deutschen Luftwaffenangehörigen im Jahre 1971 aus einer Wellblechbaracke, die ihr „Clubhaus" gewesen war, in ein von den Deutschen eigenhändig renoviertes ehemaliges Kirchengebäude umziehen. Es fanden jährlich Fußballspiele der deutschen Staffel gegen Mannschaften der USAF Academy aus Colorado Springs statt. Die Einnahmen flossen wohltätigen Zwecken auf dem Gebiet der Jugendfürsorge zu. In der Vorweihnachtszeit traten die "German Singing Pilots" unter Leitung des ehemaligen Fluglehrers und Oberstleutnants der Reserve Jürgen Janzik bei jährlich jeweils bis zu 30 Veranstaltungen mit deutschen und englischen Weihnachtsliedern in der Öffentlichkeit, aber auch in Krankenhäusern und Altersheimen auf.

In der Öffentlichkeit fanden diese Aktivitäten größte Beachtung. Dies wurde sehr deutlich, als der amerikanische Präsident Gerald Ford am 14. November 1974 Luke AFB besuchte und sich in besonderem Maße interessiert an der Begegnung mit deutschen Flugschülern zeigte.

Praktisch unbemerkt blieben zu dieser Zeit noch die seit 1968 im zeitlichen Zusammenhang mit der Internationalen Luftfahrtausstellung (ILA) in Hannover alle zwei Jahre stattfindenden Treffen ehemaliger Flugschüler, Fluglehrer und nicht-fliegender Angehöriger der 2.Deutschen Luftwaffenausbildungstaffel (F-104) USA. Auch diese Treffen gingen auf eine Initiative von Tom Rhone zurück, der mit tatkräftiger Unterstützung des namhaften Luftfahrtindustrieunternehmens LITEF in Freiburg im Breisgau, einer Tochter von LITTON INDUSTRIES  CALIFORNIA, diese „Reunions" organisierte. Der damalige Gouverneur von Arizona Jack Williams war es, der den Anstoß dazu gab, der ideellen Gemeinschaft der in Arizona ausgebildeten F-104-Piloten und -fluglehrer die Bezeichnung „Cactus Starfighter Squadron" zu geben. General Steinhoff wurde zum Ehrenstaffelkapitän ernannt.

Die Krönung des Wirkens von Tom Rhone war jedoch zweifelsohne die Herausgabe zweier Bildbände, die das historische Geschehen deutsch - amerikanischer Kooperation auf dem Gebiet militärischer Flugzeugführerausbildung dokumentieren. Sie waren von Tom und Col USAF (ret.) Barney Oldfield, ehemals Adjutant von General Eisenhower und über viele Jahre im PR-Management von LITTON tätig, mit dem Titel "Die Außergewöhnlichen Männer der Kaktus Starfighter Staffel" gestaltet worden.

Der Erlös aus dem Verkauf bildete den Grundstock für eine Stiftung, welche "Unser Mann in Arizona" 1975 ins Leben gerufen hatte: Die "Luftwaffe / USAF International Friendship Foundation".

Mit fast $20.000 begann es. Gegenwärtig stehen auf einem Festkonto weit über $300.000. Aus den Zinserträgen  werden seit fast 30 Jahren finanzielle Mittel für - vorwiegend jugendbezogene - karitative Zwecke im Großraum Phoenix / Arizona zur Verfügung gestellt. Darüber hinaus ermöglichen die Erträge Stipendien für ein jeweils einjähriges Studium an der Arizona State University in Tempe bei Phoenix bzw. mit Unterstützung durch die Bundeswehr Universität Hamburg an  deutschen Universitäten für eine/einen deutsche(n) bzw amerikanische(n) Studentin/ Studenten. Voraussetzung ist u.a. eine in erster Linie auf Verwandtschaft (Tochter, Sohn, Enkel etc. eines F-104-Piloten) beruhende Beziehung der Kandidat(inn)en zu den fliegenden Verbänden der USAF bzw. der deutschen Luftwaffe oder Marine und hier besonders bevorzugt natürlich zur F-104-Fliegerei.

Am 16. März 1983 endete das F-104-Ausbildungsprogramm in Luke AFB Im Jahre 1987 stellte der letzte F-104-Verband der Luftwaffe, das Jabo-Geschwader 34, Memmingen, den Flugbetrieb auf diesem Waffensystem ein.

In dem Maße aber, wie das "Starfighter-Zeitalter" Luftwaffengeschichte wurde, nahm gleichzeitig das Interesse an der „Cactus Starfighter Staffel" auch und gerade als Ausdruck der tatsächlich „liebevollen" Verbundenheit der ehemaligen "One-Oh-Four-Jocks" mit ihrem Flugzeug zu. Dank der jahrzehntelangen, vor allem auch logistisch-organisatorischen Unterstützung der "Reunions" durch LITEF, Freiburg, konnten die Treffen immer wieder stattfinden. Nach der Wende und mit dem Standortwechsel der ILA von Hannover nach Berlin-Schönefeld zog die „Cactus Starfighter Staffel" natürlich ebenfalls in die deutsche Hauptstadt und trifft sich dort seit 1992 im DORINT Hotel am Müggelsee in Köpenick. Zum Treffen in Berlin im Jahre 2008 erschienen wieder rd. 400 Teilnehmer, annähernd 200 mit "Begleitschutz.

In zunehmendem Maße wurde die Notwendigkeit deutlich, eine in jeder Hinsicht gesicherte Eigenständigkeit der Staffel herzustellen. Gerade mit Blick auf ihr Fortbestehen zwang diese Erkenntnis zum Handeln. So kam es mit Zustimmung der überwältigenden Mehrheit der Staffelangehörigen zum Beschluss, auf der Grundlage der am 01. Mai 1997 in Kraft getretenen Satzung der Cactus Starfighter Staffel, die Aufnahme als eigenständige Traditionsstaffel in die „Vereinigung der Flieger deutscher Streitkräfte" (ehemals "Gemeinschaft der Jagdflieger") zu beantragen, einem Zusammenschluss von Flugzeugführern aus inzwischen vier Fliegergenerationen mit mehr als 4000 Mitgliedern, davon ca. 700 ausländische aus mehr als 25 Ländern, u.a. USA, England, Russland, Ukraine, Chile, Argentinien, Lettland, Tschechien, Brasilien etc. Dieser Anschluss ist 1998 vollzogen worden.

Ein weiterer als historisch zu bezeichnender Schritt wurde im Jahre 2000 vollzogen, als der damalige Befehlshaber des USAF Air Combat Command (vergleichbar dem Luftwaffenführungskommando) Generalleutnant John P. Jumper und der damalige Befehlshaber Luftflottenkommando Generalleutnant Peter Vogler im Rahmen einer Feierstunde auf der Luke AFB in Arizona mit der Unterzeichnung der offiziellen Patenschaftsurkunde die zunächst lose freundschaftliche Beziehung zur dortigen 63rd Fighter Squadron in eine enge, feste partnerschaftliche Beziehung umwandelten. Hauptabsicht dabei war, die jahrzehntelange eindrucksvolle und in ihrer Art einmalige partnerschaftliche Beziehung zwischen zwei alliierten Luftstreitkräften für nachfolgende Jahrzehnte  zu dokumentieren und zu untermauern. Dabei handelte es sich um ein Projekt, welches in Form eines außerordentlich erfolgreichen, über 25 Jahre laufenden Pilotenausbildungsprogramms zunächst 1958 - 1964 auf Republic F-84 „Thunderchief“ und ab 1964 dann auf Lockheed F-104 „Starfighter“ umgesetzt wurde. Eine bei F-16-Piloten bei Beendigung ihrer Ausbildung (graduation) hochgeschätzte Auszeichnung für den Lehrgangsbesten war (und sicherlich auch in Zukunft bleiben wird): Die „STARFIGHTER TROPHY“. Die 310th Fighter Squadron setzt nach der Deaktivierung der 63rd FS im Mai 2009 diese inzwischen traditionelle Beziehung zur CSS auf der Luke AFB fort.

In einem persönlichen Schreiben an Generalleutnant a.D. Peter Vogler, Staffelkapitän der CSS, schreibt General a.D. Jumper aus diesem Anlass: “…Mag die Flagge der 63rd Squadron eingerollt werden, so werden wir doch niemals all’ das vergessen, wofür sie steht. Die Generationen von Freunden und deren Familien, welche sich hingebungsvoll der Sache der Cactus Starfighter Staffel verschrieben hatten, schufen die engen Bande der Kameradschaft, welche bis zum heutigen Tage und darüber hinaus bestehen. Viele dieser Staffelangehörigen haben später führende Positionen innerhalb der deutschen Luftwaffe und Marine sowie in der United States Air Force eingenommen; sie alle waren sich dabei stets der großen gegenseitigen Anerkennung und des Respekts bewusst, die in den frühen Jahren ihrer Karrieren in Luke AFB geschmiedet worden waren. Die 310th Squadron übernimmt nun die Mitverantwortung dafür, dass diese Werte bewahrt und somit zu einem ehrenhaften Bestandteil ihrer eigenen Geschichte werden…“

Zur Verdeutlichung des Anliegens der CSS und damit auch der Absicht hinter der Partnerschaft mit der F-16-Staffel in Luke AFB sei an dieser Stelle ein Auszug aus der  Satzung der Cactus Starfighter Staffel zitiert. (Zitat):

"§ 2 Zweck und Aufgaben der CSS
Fußend auf dem verbindenden Erlebnis gemeinsamen Dienens und den Normen des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland verpflichtet, pflegt die CSS die Tradition der Militärfliegerei unter besonderer Betonung der Epoche "F-104".

Nach innen bewahrt die CSS vor allem das auf Kameradschaft und gegenseitiger Achtung ihrer Angehörigen bedachte Miteinander; nach außen sucht die CSS freundschaftliche Verbundenheit und Austausch mit vergleichbaren Organisationen. Die CSS versteht sich als Träger eigener Tradition auch gegenüber nach-wachsenden Besatzungen von Kampfflugzeugen der Luftwaffe und Marine."
(Zitatende).

Zum Schluss möge ein weiteres Zitat klar machen, was wir wollen bzw. nicht wollen.

Generalleutnant a.D. Peter Vogler, Staffelkapitän der Cactus Starfighter Staffel schrieb in einem Brief an die Staffelangehörigen u.a.

(Zitat):
"... Heute versteht sich die „Vereinigung der Flieger deutscher Streitkräfte" (vormals "Gemeinschaft der Jagdflieger, GdJ") auch als Vermittler von Tradition, einer Tradition, die die Auseinandersetzung mit der eigenen Geschichte, aber auch dem eigenen Tun nicht nur beachtet sondern zur Grundlage hat.

...Wir stehen irgendwo selbst in einer Tradition, auch in einer durch uns selbst geprägten. Um uns herum sind junge Menschen auf der Suche nach innerem Standort und Orientierung. Nicht mehr fern ist der Tag, dann sind wir die "ganz Alten". Sollten wir jetzt nicht die letzten Jahre der heute "ganz Alten" nutzen, um die Tradition zu übernehmen, die zu übernehmen lohnt, sie durch eigene ergänzen und sie dann denen vermitteln, die im Grunde darauf warten, dass wir unsere Wortlosigkeit aufgeben? Die Intensität unseres Erlebens gibt uns Zusammenhalt."
(Zitatende).

Es ist aufrichtiges Anliegen der Angehörigen der „Cactus Starfighter Staffel", in diesem Sinne zu wirken.